"Vanille: Vanilla planifolia ist eine tropische, kletternde Orchidee, die in Zentralamerika, Mexiko und im nördlichen Südamerika beheimatet ist. Bereits in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts hat man Kulturen in anderen Weltteilen angelegt, v.a. auf Réunion (Ile de Bourbon), auf Madagaskar und Mauritius. Weniger bedeutend sind die Kulturen auf Java, Sri Lanka oder Tahiti. Da die Befruchtung der Blüte in der Natur durch Kolibris und bestimmte Insekten erfolgt, zeigten die allerersten Kulturversuche keinen Erfolg. Wegen des Fehlens dieser Tiere in bestimmten Ländern ist man für den Fruchansatz auf künstliche Befruchtung angewiesen. Die Fruchtschote wird noch unreif geerntet, sobald sie sich gelb zu färben beginnt. Die dunkle Farbe und der typische Geruch entstehen erst durch Fermentationsprozesse, die auf zwei verschiedene Arten durchgeführt werden: Im Mexikanischen oder Trockenverfahren werden die unreifen, angewelkten Früchte tagelang der prallen Sonne ausgesetzt, dann in Decken gehüllt und in sog. Schwitzkästen gebracht, wo sich die Fermentation unter Temperaturerhöhung vollzieht. Dieser Prozess wird mehrmals wiederholt. Im Südamerikanischen oder Heißverfahren taucht man die unreifen Früchte einmal oder mehrmals einige Sekunden bis zu drei Minuten, je nach Temperatur, in Wasser von 65-90°C. Dabei wird das Gewebe abgetötet. Die abgetropften Früchte werden zu Haufen geschichtet oder über Nacht in Behälter verpackt, wobei sie einen Schwitzprozess durchmachen. Am folgenden Tag werden sie zwischen Wolldecken in dünner Lage der Sonne ausgesetzt. Anschließend werden sie noch mehrere Wochen getrocknet.
Vanille riecht angenehm blumig nach Vanillin, jedoch viel feiner und voller als die Reinsubstanz. In Lebensmittel (z.B. Speiseeis) erkennt man Vanille an den kleinen, max. 0,3 mm dicken, schwarzbraunen Samen. Mexikanische Vanille enthält 1,3-1,8%, die Bourbon-Vanille bis zu 3% Vanillin. Das charakteristische Aroma wird durch Begleitstoffe mitgeprägt. Die Aromastoffe sind innerhalb der Frucht in sog. Papillen lokalisiert, mit denen die innere Fruchtwand besetzt ist.
Vanille dient zum Aromatisieren von Schokolade, Feingebäck und Speiseeis. Auch in der Pharmazie wird sie zum Aromatisieren süß schmeckender Präparate eingesetzt. Man sagt der Vanille auch eine aphrodisische Wirksamkeit nach."
(Ernst Steinegger, Rudolf Hänsel: Lehrbuch der Pharmakognosie und Phytopharmazie, Springer-Verlag, 1988)