• "Lolium temulentum, Taumellolch, Schwindelhafer (Gramm). Lolium hat austrocknende und energisch warmmachende Eigenschaften, und zwar erstere am Schluss des zweiten und letztere am Anfange des 8. Grades. Eine therapeutische Verwendung giebt Galen nicht an. In dem Werke Galen’s „über gute und schlechte Säfte in den Nahrungsmitteln“ sind Angaben über schädliche Wirkungen des durch Taumelloch verunreinigten Weizens enthalten, welche Kobert veranlasst haben, eine Verwechselung mit Mutterkornvergiftung anzunehmen. Achundow will aus der Angabe Galen’s, dass Lolium im 3. Grade heiss ist, schliessen, dass Galen dieses Mittel für „recht giftig“ hielt. Doch haben die Mittel des 3. Grades bei Galen zwar eine energische, durchaus aber keine giftige Wirkung. Alles, was giftig wirkt, wirkt im 4. Grade. Uebrigens hatte bereits Varro durch Versuche an Hühnern die Ungiftigkeit des Lolchs bewiesen. Auch Achundow führt an, dass Abu Hanifa und andere Araber den Lolch für nicht giftig hielten. Auch Robert, der in seinem Lehrbuche der Intoxicationen dem Lol. temul. eingehende Berücksichtigung zutheil werden lässt kann keinen sicheren Vergiftungsfall bei Menschen anführen und hält die sog. Epidemien von Lolchvergiftung für nicht rein. Das wirksame Princip des Lolch’s repräsentiren nach Antze 2 Alkaloide, Loliin, Temulentin, und eine Säure, die Temulentinsäure (nach einer neueren Arbeit von Hofmeister ist eine krystallinische Base, das Temulin, das Wirksame). Durch Zersetzung der Temulentinsäure bilde sich das Temulentin. Nach Antze wirken diese beiden Körper auf Hirn, Rückenmark und Herznerven lähmend. Hofmeister’s Temulin wirkt narkotisch und mydriatisch, also scopolaminartig."

    (Ludwig Israelson: Die "materia medica" des Klaudios Galenos, 1894)
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