• "Chelidonium majus L., Schöllkraut (Papaverac.). Ranunculus ficaria L., Warzenhahnen fu ss (Ranunculac.). — Chelidon, majus hat stark reinigende und wärmende Wirkung. Der Pflanzensaft schärft das Sehvermögen und vertheilt die Verdickungen, die die Pupille einnehmen (Cataracta). Die Wurzel mit Anis in weissem Wein braucht man gegen Icterus infolge von Verlegung (Infarct.) der Leber. Mant kaut sie bei Zahnschmerzen. Chelidon, minus ist schärfer als die vorige und exulcerirt, auf die Haut gebracht, dieselbe bereits nach kurzer Einwirkung und bringt höckrige (verkrüppelte) Nägel zur Abstossung. Chelidon. minus wärmt im 4. Grade, während Chelidon, majus am Ende des 3. Grades wärmt und trocknet. — Galen empfiehlt also Chelidonium majus und minus gegen Leberleiden mit Icterus, Augenkrankheiten, Zahnschmerzen und. als Aetzmittel. Interessant ist es, dass in der russischen Volksmedicin genau dieselben Indicationen für den Gebrauch von Chelidonium gelten, wie Demitsch es eingehend darlegt. Dass der innerliche Gebrauch von Chelidonium majus ein gefährlicher und irrationeller ist, geht aus seinem Gehalt an dem stark giftigen Alkaloid Chelerythrin hervor, von welchem 0,02 in 10 Stunden ein Kaninchen unter den Erscheinungen eines narkotischen Giftes tödtet. Bei innerer Anwendung kommt es nach Orfila zu Cebelkeit, Erbrechen, Koliken und Diarrhoe, nach grossen Dosen kann sogar der Tod eintreten. Die angegebene Wirkung gegen die Leberverstopfungen kann also nur durch die ableitende drastische Wirkung auf die Darmschleimhaut bei Icterus catarrhalis erklärt werden. Chelidonin ist nach Propst und Reuling in kleinen Dosen nicht giftig.
    Chelidonium minus (Ranunculus ficaria) übertrifft, wie Galen ganz richtig angiebt, Chelidonium maj. an giftiger Wirkung und wird von ihm auch nur äusserlich als Aetzmittel angewendet. Der Warzenhahnenfuss enthält, gleich den andern Hahnenfussarten, einen stark reizenden und blasenziehenden wirksamen Stoff, nämlich Anemonol, s. Ranunculol s. Aiiemonencampher. Innerlich eingeführt, erzeugen die frischen Pflanzen oder ihr Saft Gastroenteritis, Nierenreizung und nach der Resorption Convulsionen und Lähmung. Beim Trocknen verlieren die Pflanzen ihre Wirksamkeit, indem Anemonencampher in Anemonin. und Anemonsäure zerfällt, welche beide unwirksam sind."
    (Ludwig Israelson: Die "materia medica" des Klaudios Galenos, 1894)
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