"Reynfan [A. A. Tanacetum](Tanacetum vulgare). Der Rainfarn ist warm und etwas feucht, er beseitigt alle überflüssigen Säfte. Besonders wirksam ist er gegen Katarrh "nasenbosz", Husten, namentlich den trockenen Husten. Wer an Magenbeschwerden, herrührend von verschiedenen Uebeln leidet, nehme ein Gericht, welches ohne Kohl und andere Kräuter bereitet ist, gebe Rainfarn hinzu, koche es widerum und geniesse dasselbe. Gegen Harnverhaltung wird Rainfarnsaft mit Wein empfohlen. Wenn eine Frau an zurückbleibenden Katemenien leidet, soll sie Rainfarn und "Febrifuga" (Matere oder Metere, Mutterkraut, also wohl Pyrethrum Parthenium und nicht wie Reuss meint, Erythraea Centaurium) und etwas Wollkraut im fliessenden Wasser kochen und mit glühenden Backsteinen daraus Sitzbähungen machen. Dann zerstosse sie "Rifelbire" (Schafgarbe, Raute, lange Osterluzei und Diptam (nach bestimmten Gewichtsverhältnissen) in einem Mörser, koche alles mit reinem Wein, gebe es in ein Säckchen und füge Gewürznelken, so viel als möglich, etwas gestossenen weissen Pfeffer und ziemlich viel frischen, reinen Honig vorher in bestem Wein erwärmt hinzu, so dass ein klarer Trank entsteht; diesen nehme sie nüchtern und nach der Mahlzeit. Während dieser Tage meide sie Ocbsenfleisch und andere schweren Speisen und trinke Wein; will sie Wasser trinken, so sei es Regenwasser, nicht Mineral- und Quellwasser."
(Hildegard von Bingen: Physica (Liber simplicis medicinae), 1150 - 1160)