"Man kennt bis jetzt nur vier Arten von Platanus,
nämlich Platanus acerifolia und P. cuneata, die in Kleinasien
zu Hause sind, P. orientalis, der auch in Thrazien,
Macedonien, Griechenland und am Caucasus wächst, und
der in Nordamerika einheimische P. occidentalis, welchen
letzteren man auch bei uns öfters in Alleen zieht. Hier
ist allein anzuführen:
Die Platane der Genien, Platanus orientalis L. Sie
ist ein schöner hoher Baum mit glatter brauner Rinde,
dessen Blätter gross und gelappt sind, und auf braunrothen
Stielen stehen ; die kleinen Blumen bringen grosse
hängende kugelige Früchte. Diese Platane war dem Genius
heilig, den man öfters damit bekränzt sieht. Zur Schmückung des Grabmals des Diomedes,
Sohns des Tydeus und der Deipyle, soll der erste Platanus
auf dessen Insel und von da auch nach Sicilien, Italien u.s.w.
gebracht worden sein. In so grossem Ansehen stand dieser
Baum bei den Alten, dass man ihn statt Wassers mit
Wein begoss. Bei den Platanen pflegte Socrates zu schwören,
was die einzige Klage war, die die Milesier gegen
ihn aufbringen konnten, und doch war dies wohl eben
so viel, als der so gewöhnliche Schwur bei den Genien.
Die allbekannte Mythe des Zeus mit der Europa
verlegten die Griechen unter diesen Baum, der noch jetzt
in grosser Menge an dem Flusse Lethaeus hin wächst. Berühmt ist
die Platanen-Allee an dem Lyceum in Athen, in der Ruhesitze
angebracht waren, wo die berühmtesten Männer
jener Zeiten so gerne verweilten. Man mache es ihm, wie
den Platanen, sagte einst Themistocles; beim Platzregen
komme man zu ihnen, aber, sobald der Himmel sich aufheitre,
verlasse man sie wieder.
(J.H.Dierbach: Flora Mythologica, 1833)