"[IV.149. - Schwarze Nieswurz] - Helleborus officinalis (Ranunculaceae) - Schwarze Nieswurz, Helleborus orientalis (Ranunculaceae) - Orientalische Nieswurz
Der schwarze Helleborus - Einige nennen ihn Melampordion, Andere
Ektomon, Polyrrhizon, Proition, Koiraneion, Melanorrhizon,
[die Propheten Zomaritis, die Aegypter Isaia, Elaphyes, Kemeleg,
die Römer Veratrum nigrum, Saraca, die Dakier Prodiorna] - Melampodion aber heisst er, weil ein gewisser Ziegenhirt Melampus die rasenden
Töchter des Proitos damit durch Purgiren geheilt haben soll. Er hat
grüne, platanenähnliche Blätter, sie sind aber kleiner [denen der Bärenklau zu vergleichen], viel mehr eingeschnitten, schwarzer und etwas rauh.
Der Stengel ist kurz, er trägt ins Purpurne spielende Blüthen von der
Form der Rose, darin befindet sich die saflorähnliche Frucht, welche die
Bewohner von Antikyra auch Sesamoeides nennen, sie gebrauchen dieselbe
zum Purgiren. Die Wurzeln darunter sind zart, schwarz, wie von einem
zwiebelartigen Köpfchen ausgehend; auch diese stehen im Gebrauch. Er
wächst an rauhen, hügeligen und sehr dürren Plätzen. Am besten ist
der aus solchen Gegenden bezogene; ein derartiger ist der von Antikyra,
denn auch der schwarze wächst dort als der ausgezeichnetste. Wähle
aber den recht fleischigen, kräftigen, mit zartem Mark, der scharf und
brennend schmeckt, ein solcher ist auch der am Helikon, Parnass und
Oeta wachsende, den Vorzug verdient aber der vom Helikon. Er reinigt
nach unten den Bauch, indem er Schleim und Galle abführt, wenn er
für sich allein oder mit Skammonium und Salz in der Gabe von 1 Drachme
oder 3 Obolen gegeben wird. Er wird auch mit Linsen oder Gerichten,
wie sie zum Purgiren genommen werden, zusammengekocht. Er hilft bei
Epilepsie, Melancholie, Wuthanfällen, Gicht und Paralyse. Im Zäpfchen
eingelegt befördert er die Katamenien und tödtet den Embryo. Fisteln
reinigt er, wenn er eingelegt und am dritten Tage wieder herausgenommen
wird. In gleicher Weise wird er bei Schwerhörigkeit in die Ohren gesteckt und zwei bis drei Tage darin belassen. Die Krätze heilt er in
einer Salbe mit Weihrauch oder Wachs, Theer und Cedernöl. Für sich
allein mit Essig als Kataplasma heilt er weisse Flecken, Flechten und
Aussatz. Mit Essig gekocht als Mundspülwasser lindert er Zahnschmerzen. Auch den fäulnisswidrigen Mitteln wird er zugesetzt. Mit
Gerstenmehl und Wein gibt er ein heilsames Kataplasma für Wassersüchtige. Wenn er neben die Wurzeln des Weinstockes gepflanzt wird,
so macht er den aus diesen gewonnenen Wein purgirend. Man streut
ihn auch in den Wohnungen umher, weil man ihn für reinigend hält.
Deshalb stellen diejenigen, welche ihn graben, sich hin und beten zu
Apollo und Asklepios, indem sie den Flug des Adlers beobachten. Man
sagt nämlich, dass dieser nicht ohne Gefahr dazufliege, denn der Vogel
bringe den Tod, wenn er das Ausgraben des Helleboros sähe. Man muss
ihn aber rasch graben, weil der Geruch Schwere des Kopfes verursacht.
Deshalb essen die Graber Knoblauch und trinken Wein, denn so bleiben
sie vor Schaden bewahrt. Das Mark wird herausgenommen wie beim
weissen Helleborus."
(Dioskurides: Materia Medica, Übersetzung von Julius Berends, 1902)
"[V.82. - Nieswurzwein]
In 1 Chus mit Meerwasser versetzten Most gib 12 Drachmen fein gestossene, in loses Leinen gebundene schwarze Nieswurz und, wenn die Gärung vorüber ist, giesse den Wein um. Oder: in 1 Chus ohne Meerwasser gib 14-15 Unzen grob gepulverte Nieswurz und seihe den Wein nach einigen Tagen zum Gebrauche durch. Um Oeffnung zu bewirken, lass 1 Becher mit Wasser nach dem Bade trinken, wenn sie nach der Mahlzeit erbrochen haben. Oder: nimm 20 Drachmen Nieswurz, 12 Unzen Bartgras und 13 Unzen syrischen Ziest, siebe ab, binde sie in Leinen und lass sie vierzig Tage in 14 Kotylen koischem Wein liegen. Dann seihe durch und lass 1 ½ Kotylen davon trinken. Oder: in 1 Krug Most mit 12 Xestes gekochten, von der Höhe des Meeres genommenen Seewassers gib 6 Pfund weisse Nieswurz, macerire vierzig Tage, dann seihe den Wein durch und gebrauche ihn. Oder: 12 Drachmen Nieswurz, 4 Drachmen Aphronitron, 12 Kotylen Most, macerire fünfzehn Tage, seihe durch und gebrauche den Wein nach sechs Monaten. Dieser tödtet auch die Leibesfrucht und treibt sie aus. Oder: nimm 1 Metretes Most aus den an der Sonne getrockneten Trauben - es ist aber 1 Metretes gleich 12 Chus - wirf 20 Drachmen Gips in den Wein und lass zwei Tage stehen; dann mache ein Bündel von 30 Unzen schwarzer Nieswurz, 30 Drachmen Bartgras, 30 Drachmen Kalmus, ¾ Choinix Wachholder- beeren, Myrrhe und Safran von jedem 1 Drachme, binde es in Leinen und hänge es vierzig Tage hinein. Dann seihe durch und gib 3 oder 2 Becher davon als Mischtrank. Er reinigt die Frauen nach dem Wochenbett oder auch nach einer Fehlgeburt, treibt den Embryo aus und wirkt gegen Gebärmutterkrämpfe."
(Dioskurides: Materia Medica, Übersetzung von Julius Berends, 1902)