"Unter dem Namen Mönchpfeffer, Semen Agni casti
wurden sonst in unsern Officinen die Samen des
Keuschlammstrauches oder der Schafmülle Vitex Agnus
castus L. aufbewahrt. Ueberall wächst dieser
Strauch an Bächen und feuchten Orten auf den griechischen
Inseln. Pausanias spricht von einem solchen
Strauche oder Baume auf Samos , der damals von allen
noch vegetirenden Gewächsen bei den Monumenten der
Griechen für den ältesten gehalten wurde . Derselbe
gedenkt eines Tempels des Aeskulaps , in dem die Statue
des Gottes aus dem Holze der Schafmülle gemacht
war . Plinius erzählt, dass die atheniensischen Jungfrauen,
die an dem Feste der Ceres zu Priesterinnen
eingeweihet wurden , zu Bewahrung ihrer Keuschheit
sich Betten aus den Blättern der Schafmülle bereiteten.
Die Blumen dieses Strauchs kommen roth und weiß
vor, welche letztere Varietät verstanden werden muss,
wenn die Hippokratiker den weißen Agnos vorschreiben.
Dieselben gaben die Blätter mit Wein gegen Mutterblutfluss
, mit Wein und Oehl zur Beförderung des Abgangs der Nachgeburt . Den Saamen gaben
sie bei Krankheiten der Milz, wobei auch dem Kranken
empfohlen wurde sich Leibesbewegung durch Holzsägen
zu machen ; gegen Askariden wurde er ebenfalls
verordnet Man schrieb ferner dem Agnos die Kraft
zu die Milch der Säugenden zu vermehren . Die
frischen Blätter legte man auf entzündete Stellen ,
auch bei entzündeten Geschwülsten applicirte man sie
in Breiumschlägen."
(J.H.Dierbach: Die Arzneimittel des Hippokrates, 1824)