• "Aloe perfoliata L., die durchgewachsene Aloe (Liliac). Diese Pflanze kommt bei uns so gut wie garnicht vor. Die in Gross-Syrien vorkommende Gattung ist recht wasserhaltig und von ziemlich schwacher Wirkung, doch immerhin wirksam genug, um Wunden zur Vereinigung zu bringen. In wärmeren Regionen jedoch, wie in Coele-Syrien und Arabien gedeiht sie bedeutend besser. Die beste Aloe ist die indische, deren Saft uns importirt wird und ein gegen sehr viele Leiden nützliches Medicament repraesentirt, weil es, ohne zu reizen trocknend wirkt Sie schmeckt mässig zusammenziehend und äusserst bitter. Sie macht offenen Leib und gehört in Folge dessen zu den Medicamenten, die Eccoprotica genannt werden. Sie ist ein Stomachicum. Sie bringt Geschwüre mit schlechter Heilungstendenz, sowie Fisteln zur Vernarbung, besonderes Anal- und venerische Ulcera, als trockenes Pulver aufgestreut. Ein wässeriges Extract ist bei Entzündungen dieser Theile wirksam, ebenso als Wundheilmittel und bei entzündlichen Processen an Mund, Nase und Augen. Es wirkt hierbei zurückbildend und vertheilend und in dem Masse reinigend, als es den Wunden dienlich ist.
    Die ersten Notizen über Aloe und deren therapeutischer Verwendung finden wir nach Lenz bei drei ziemlich um dieselbe Zeit lebenden Schriftstellern, von denen der relativ älteste, Plinius (25 a. — 50 p. Chr.) sie bereits als Arznei verwendet. Die erste eingehende Beschreibung der Aloe findet sich bei Dioscorides (Mitte des 1. Jahrhunderts nach Chr.), während der Afrikaumsegler Arrian in seinem Periplus (geschrieben zwischen 54 und 68 post Chr.) in einem Verzeichniss der vegetabilischen Handelsartikel des Rothen Meeres Aloe als Hauptausfuhrartikel von Kanae (Südküste von Arabien) anführt (Meyer). Auch Scribonius Largus, der seine „Compositiones“ zwischen 43 und 48 p. Chr. schrieb, also auch ein Zeitgenosse oben erwähnter Autoren, wendet Aloe als Mund-, Augen- und Abführmittel, (bei der Bandwurmcur und bei Wassersucht) an. Der Gebrauch der Aloe als Wundmittel ist noch heutzutage so populär, dass man in vielen Häusern die Aloe vulgaris als Topfgewächs hält, um sie als Wundmittel zur Hand zu haben. Indern und Arabern war die Aloe als einheimische Pflanze sehr gut bekannt. Abu Mansur beschreibteingehend die verschiedenen Sorten und nennt als beste die aus Socotra, welche wohl der indischen bei Galen entspricht. Therapeutisch verwendet er sie analog Galen."

    (Ludwig Israelson: Die "materia medica" des Klaudios Galenos, 1894)
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