• "Amomum Zingiber L., Ingwer (Amom.). — Die Ingwerwurzel, welche aus dem Barbarenland importirt wird, ist sehr nützlich. Sie wärmt kräftig, aber nicht sofort bei der ersten Berührung, wie z. B. Pfeffer. Sie wirkt jedoch nicht in so feiner Vertheilung, wie Pfeffer und lässt sich auch nicht so fein vertheilen, ist auch nicht so trocken und von erdartigem Wesen wie Pfeffer, sondern mehr feucht und wasserhaltig. Infolgedessen ist auch die Wirkung derselben eine sehr verschiedene. Wie eine Flamme in dürrem Schilf äusserst schnell aufflackert und sich weiter verbreitet, so tritt auch die heisse Wirkung der trockenen Medicamente schnell zu Tage, während die Wirkung der feuchten, ebenso wie die der Flamme in grünem Holz, langsamer eintritt und länger dauert. Daraus ergiebt sich die Indication für den Gebrauch beider Medicamente: Wo es gilt, den ganzen Körper schnell zu erwärmen, sind die Mittel anzuwenden, welche in Berührung mit unserem Körper auf das schnellste Wärme erzeugen und diese auf das prompteste überall hin verbreiten. Wollen wir aber einen erstarrten Körpertheil erwärmen, müssen wir, umgekehrt, solche Mittel anwenden, welche langsam erwärmen und deren Wirkung eine möglichst lange Zeit hindurch persistirt. So sehr sich also Ingwer und auch langer Pfeffer von weissem und schwarzem Pfeffer unterscheidet, so ist der Unterschied von Cardamon, Senf, Thapsia und Dünger wilder Tauben kein grosser, da diese auch erst nach längerer Zeit ihre Wirkung entfalten, dafür aber letztere auch längere Zeit hindurch bewahren.
    In „de Theriaca“ beschreibt Galen den Ingwer und nennt ihn Pseudocassia, weil ihn die Indigenen Cassia nennen. Er erwärmt den Magen und befördert die Verdauung. Er wird auch Gegengiften zugesetzt. Er dient als Antidot bei Vergiftungen mit Agaricus.
    Abu Mansur benutzt Ingwer als Appetit erregendes Mittel in Form eines Lecksaftes, bei Brustbeschwerden und gegen Impotenz."

    (Ludwig Israelson: Die "materia medica" des Klaudios Galenos, 1894)
  • < < <