"[I.133. - Akazie]
Die  Akazie  (Mimose)  wächst  in  Ägypten.  Es  ist  ein  baumartiges,  strauchiges  Dorngewächs  von  nicht geradem Wuchs, hat eine weiße Blüte und eine Frucht, wie die Lupine, in Hülsen eingeschlossen; aus dieser  wird  auch  der  Saft  gepresst,  welcher,  im  Schatten  getrocknet,  aus  der  reifen  Frucht  schwarz, aus der unreifen aber gelblich ist. Wähle aber den etwas gelblichen, der den Wohlgeruch hat, wie er in der Akazie ist.  Einige verwenden zur Saftbereitung auch die Blätter mit der  Frucht.  Auch Gummi wird von  dem  Dornstrauche  hervorgebracht.  Er  hat  eine  adstringirende,  kühlende  Kraft.  Der  Saft  ist angezeigt bei Augenkrankheiten, roseartigen Entzündungen, kriechenden Geschwüren, Frostschäden,  Flügelfell  und  bei  Geschwüren  im  Munde.  Er  hält  den  Vorfall  der  Augen  zurück,  stellt den  Fluss  der  Frauen,  verhindert  den  Gebärmuttervorfall  und  hält  den  Bauchfluss  auf,  wenn  er  im Trank  oder  im  Klistier  angewandt  wird.  Auch  färbt  er  die  Haare  schwarz.  Für  die  Augenmittel  wird  er zerrieben  mit  Wasser  gewaschen,  wobei  das  Gerinnsel  weggegossen  wird,  bis  das  Wasser  rein darüber  steht,  und  so  wird  er  zu  Pastillen  geformt.  Er  wird  auch  im  reinen  rohen  Topfe  [aus Töpfererde]  im  Ofen  gebrannt;  auch  wird  er  auf Kohle  geröstet  mit  Hülfe  des  Blasebalgs.  Die Abkochung  der  Akazie  als  Bähung  bringt  die  gelösten  Glieder  in  Ordnung.  Dasjenige  Gummi  des Dornstrauches  hat  den  Vorzug,  welches  wurmartig,  glasig,  durch-  scheinend  und  holzfrei  ist;  dann kommt  das  weiße.  Das  harzige  und  schmutzige  ist  unbrauchbar.  Es  hat  stopfende,  die  scharfen Arzneien  mildernde  Kraft,  wann  es  diesen  zugemischt  wird.  Bei  Verbrennungen  mit  Feuer  lässt  es keine  Blasenbildung  aufkommen,  wenn  es  zugleich  mit  Ei  als  Salbe  angewandt  wird.  Eine  andere Akazie aber wächst in Kappadokion und Pontits, der Ägyptischen ähnlich, allerdings um Vieles kleiner, niedrig  und  zarter,  ganz  voll  von  spitzen  Dornen,  mit  Blättern  ähnlich  der  Raute.  Im  Spätherbst  trägt sie  Samen,  kleiner  als  die  Linse,  in  zusammengepressten  drei-  bis  vierfächerigen  Hülsen.  Sie  selbst aber  auch  ganz  zu  Saft  verarbeitet  adstringiert,  jedoch  aber  steht  sie  an  Kraft  niedriger,  ist  auch  zu Augenmitteln untauglich." 
(Dioskurides: Materia Medica, Übersetzung von Julius Berends, 1902)